Solvency II (Säule 3): Marktdisziplin und Transparenz
Die Offenlegungspflichten in der dritten Säule von Solvency II beziehen sich sowohl auf Berichtspflichten gegenüber der Aufsicht als auch gegenüber der allgemeinen Öffentlichkeit. Letztere sind die zentrale Informationsquelle für solvencyDATA.
Die sich aus der dritten Säule ergebenden Berichtspflichten umfassen dabei sowohl
- qualitative Anforderungen, insbesondere eine regelmäßige Erstellung von narrativen Berichten wie
- dem Solvency and Financial Condition Report (SFCR),
- dem Regular Supervisory Reporting (RSR) und
- dem ORSA-Bericht als auch
- quantitative Anforderungen, insbesondere eine regelmäßige Befüllung (einmal bzw. viermal pro Jahr) der zahlreichen Quantitative Reporting Templates (QRT).
Solvency and Financial Condition Report – SFCR
Mit dem SFCR (dt.: Bericht über Solvabilität und Finanzlage bzw. Solvabilitäts- und Finanzbericht) legt ein Versicherungsunternehmen viele relevante Informationen gegenüber der Öffentlichkeit offen. Der Bericht muss dabei auf eine Art und Weise verfasst werden, dass seine Inhalte auch von einem nicht-fachkundigen Adressaten verstanden werden können. Im Detail müssen ausreichend Informationen vorhanden sein, so dass der Leser sich eine eigene Meinung zur
- Qualität des Geschäftsbetriebes und der
- Solvenzsituation des Versicherungsunternehmens
bilden kann. Zur Gewährleistung der Transparenz ist es erforderlich, dass in dem Bericht konkret auf die spezifische Unternehmenssituation eingegangen wird. Eine allgemeingültige oder unternehmensunspezifische Ausarbeitung dieses Berichtes ist nicht ausreichend.
Gemäß § 40 Abs. 1 VAG (Versicherungsaufsichtsgesetz) ist der Solvabilitäts- und Finanzbericht (SFCR) von den Versicherungsunternehmen mindestens einmal im Jahr zu veröffentlichen. Der Bericht ist vor der Veröffentlichung von dem Geschäftsführungsorgan zu genehmigen und direkt nach der Veröffentlichung an die Aufsichtsbehörde zu übermitteln.
Der wesentliche Inhalt sowie die Strukturierung des Solvabilitäts- und Finanzberichtes wird durch § 40 VAG und Art. 292 bis 298 bzw. Anlage XX der Delegierten Verordnung (DVO) vorgegeben. Die wesentlichen Inhalte beziehen sich dabei auf:
- Die Geschäftstätigkeit und die Geschäftsergebnisse des Unternehmens.
- Die Geschäftsorganisation unter Bewertung ihrer Angemessenheit für das Risikoprofil des Unternehmens.
- Das Gefährdungspotential, die Risikokonzentration, die Risikominderungsmaßnahmen und die Risikosensitivität je Risikokategorie.
- Die zur Bewertung verwendeten Grundlagen und Methoden gemäß Solvabilitätsübersicht für Vermögenswerte, versicherungstechnische Rückstellungen und sonstige Verbindlichkeiten. Zusätzlich sollen wesentliche Unterschiede im Vergleich zum Jahresabschluss erklärt werden.
- Das Kapitalmanagement insbesondere unter Angabe der Eigenmittel, des Solvency Capital Requirement (SCR) und des Minimum Capital Requirement (MCR).
Regular Supervisory Reporting – RSR
Grundsätzlich unterliegt der regelmäßige aufsichtliche Bericht (RSR) derselben formalen Gliederungsstruktur wie der Solvabilitäts- und Finanzbericht (SFCR). Auf diesem Weg soll gewährleistet werden, dass sowohl die Aufsicht als auch die Öffentlichkeit über die gleichen Themenbereiche informiert werden.
Der Unterschied zwischen beiden Berichten liegt in der Detailtiefe und der Feinheit der Untergliederung der Informationen. Diese Differenzierung ergibt sich daraus, dass einerseits die Aufsicht detailliertere Informationen benötigt und andererseits die Öffentlichkeit möglicherweise in einem begrenzten Umfang die komplexen Informationen verarbeiten kann. Durch die unterschiedliche Informationstiefe gegenüber der Aufsicht und der Öffentlichkeit sollen die Unternehmen auch geschützt werden, indem wettbewerbsrelevante Informationen nicht zwangsläufig veröffentlicht werden müssen.
Der regelmäßige aufsichtliche Bericht zum RSR muss mindestens alle drei Jahre nach Abschluss des Geschäftsjahres innerhalb von 14 Wochen eingereicht werden. Das Meldeintervall beträgt somit zwischen einem und drei Jahren. Entscheidet sich das Unternehmen gegen eine jährliche Einreichung des Berichts, muss es in diesem Fall der Aufsicht einen Änderungsbericht für die Jahre vorlegen, in denen kein RSR erstellt wird. Der Änderungsbericht beinhaltet Informationen zu wesentlichen Veränderungen hinsichtlich der verschiedenen Abschnitte zur Struktur sowie die Ursachen und Auswirkungen dieser Änderungen.
ORSA-Bericht
Der ORSA-Bericht umfasst eine eigenständige unternehmensinterne Risiko- und Solvabilitätsbeurteilung (ORSA = Own Risk and Solvency Assessment) durch das Versicherungsunternehmen. Die unternehmenseigene Beurteilung bzw. die Erstellung eines ORSA-Berichts hat jährlich zu erfolgen und ist der Aufsichtsbehörde vorzulegen.
Der ORSA-Bericht beinhaltet sowohl aktuell als auch mittelfristig die Resultate der Beurteilung des Gesamtsolvabilitätsbedarfes. Des Weiteren beurteilt der Bericht, ob die notwendigen Anforderungen der Aufsicht an die Kapitalausstattung und die versicherungstechnischen Rückstellungen eingehalten werden können.
Im Gegensatz zu den anderen Berichten muss der ORSA-Bericht nicht an einem bestimmten Stichtag eingereicht werden. Die einzige Vorgabe in diesem Zusammenhang ist, dass er zwei Wochen nach der Durchführung der unternehmenseigenen Risiko- und Solvabilitätsbeurteilung eingereicht werden muss. Der ORSA-Bericht betrachtet einen bestimmten aktuellen Zeitpunkt und soll daher zeitnah erstellt werden.
Mit dem ORSA-Bericht kann das Unternehmen vorausschauend seine eigenen Risiken beurteilen und diese für sich selbst (intern) sowie für die Aufsicht dokumentieren.
Quantitative Reporting Templates – QRT
Die quantitative Berichtserstattung an die Aufsichtsbehörden und die Öffentlichkeit erfolgt durch die Bündelung quantitativer Angaben in den Meldebögen (Quantitative Reporting Templates, QRT). Die Erstellung der Templates erfolgt jährlich zusammen mit dem SFCR bzw. RSR und quartalsweise ohne die Veröffentlichung eines zusätzlichen Berichts.
Das Veröffentlichungsintervall (jährlich oder quartalsweise) ist abhängig davon, ob ein Unternehmen auf der Solo- oder Gruppenebene berichtet und davon, ob der Bericht an die Aufsichtsbehörde oder an die Öffentlichkeit gerichtet ist.
Die QRT umfassen relevante Informationen u. a. bezüglich
- der Bilanz,
- der Versicherungstechnik,
- der Eigenmittel und
- des Risikokapitalbedarfs.
Sie stellen mit diesen Informationen eine wichtige Basis für die Berichte dar, in die die QRT-Informationen an vielen Stellen eingehen. Die vordefinierten Meldeformulare sind in Form von EXCEL-Tabellen bei den Aufsichtsbehörden abrufbar.
Eine Gesamtübersicht zu den umfangreichen quantitativen Berichtspflichten ist in der „Solvency II Entry Point Matrix“ von EIOPA aufgeführt.